Methoden der Berufsbildungsplanung

Inhalt

Seit einigen Jahren findet man – national und international – einen Trend zu kompetenz- und arbeitsprozessorientierten Curricula. Lehrpläne in der beruflichen Bildung sollen – stärker als bislang – eine Verbindung herstellen zwischen den Handlungsanforderungen in der betrieblichen Arbeit und den Lehr-/Lern-Arrangements, mit deren Hilfe Menschen auf die betrieblichen Handlungsanforderungen vorbereitet werden sollen. Im Bereich der Berufsausbildung ist in Deutschland seit 1996 ein neues curriculares und didaktisches Prinzip eingeführt worden: das Lernfeldkonzept. Traditionell waren die Lehrpläne in der schulischen Berufsausbildung fachsystematisch aufgebaut – im gewerblich-technischen Bereich abgeleitet aus den korrespondierenden ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen. Entsprechend groß war die Kluft zwischen Fachtheorie und Fachpraxis für die Auszubildenden, denn beispielsweise haben die fachwissenschaftlichen Inhalte aus dem Maschinenbau relativ wenig mit der Arbeit von Industriemechanikern zu tun. Im Maschinenbau geht es um das Entwickeln und Konstruieren von Maschinen und Anlagen, Industriemechaniker bedienen, warten oder reparieren Maschinen und Anlagen. Auch subjektiv war es traditionell schwer für die Lernenden, eine Verbindung zwischen Fachtheorie und praktischer Arbeit herzustellen. Im Kfz-Servicesektor beispielsweise begannen deutsche Auszubildende an der Schule üblicherweise mit Inhalten wie „Elektrophysik am Beispiel der Kraftübertragung“. Für viele Lernende ist es schwer verständlich, was das mit ihren normalen Aufgaben bei der Instandsetzung und Wartung von Kraftfahrzeugen zu tun hat.

Mit dem Lernfeldansatz ist die so genannte arbeitsorientierte Wende in der Berufsbildung eingeleitet worden. Lernfelder dienen hauptsächlich dem Ziel, Curricula und letztlich also Lernprozesse mit beruflichen Tätigkeiten zu verknüpfen und gleichzeitig das Handlungslernen auf curricularer Ebene zu fördern. Das Lernfeldkonzept greift somit die Kluft zwischen schulischem Lernen und betrieblicher Ausbildung, zwischen theoretischem Wissen und praktischem Können auf. Der Lernfeldansatz folgt damit dem o. g. internationalen Trend nach kompetenzbasierten und arbeitsprozessorientierten Lehrplänen.

Nach der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK) sind mit dem Lernfeldansatz folgende Forderungen zu erfüllen:

  • Lernfelder sind aus beruflichen Handlungssituationen abzuleiten, die für den Arbeitsbereich repräsentativ sind;
  • sie müssen auf Arbeits- und Geschäftsprozesse Bezug nehmen, die den Prozesscharakter des Arbeitens (und des Lernens) aufzeigen;
  • sie müssen kompetenzbasisert sein;
  • die Struktur der Lernfelder und ihrer Inhalte ist auf arbeitsorientierte Kompetenzen auszurichten. Allerdings ist noch heftig umstritten, ob diese Struktur der Fachsystematik der korrespondierenden wissenschaftlichen Disziplin in Teilen folgen kann oder keinesfalls folgen darf.

Für die Praxis des Lehrens und Lernens an deutschen Berufsschulen bedeutete dieser Ansatz eine vergleichsweise radikale Veränderung. Daher sind die genannten Forderungen heute, über zwanzig Jahre nach Einführung des Lernfeldansatzes, noch keineswegs vollständig eingelöst. Die Lehrpläne haben mit beruflicher Arbeit mal mehr, mal weniger zu tun. Völlig intransparent ist, mit welchen Methoden die Curricula überhaupt erstellt worden sind.

Im Seminar sollen Methoden vorgestellt und z. T. erprobt werden, mit deren Hilfe

  • berufliche Arbeit für pädagogische Zwecke analysiert,
  • Lernfelder entwickelt,
  • berufliche Curricula strukturiert und
  • Lehr-/Lern-Situationen handlungsorientiert gestaltet werden können.

Diese Methoden sind z. T. im ersten deutschen Modellversuchsprogramm in der Berufsbildung „Neue Lernkonzepte in der beruflichen Bildung“, mit dessen Hilfe der Lernfeldansatz eingeführt worden ist, entwickelt und erprobt worden. Die kritische wissenschaftliche Reflexion dieses Ansatzes soll auch nicht zu kurz kommen, denn es steht in Frage:

  • Kann man pädagogische Inhalte wirklich aus beruflichen Handlungssituationen ableiten?
  • Können Curricula wirklich entwicklungslogisch (den Weg vom Anfänger zum Experten nachzeichnend) gestaltet werden?

Themen

  • Kompetenz- und arbeitsprozessorientierte Curricula
  • Methoden der Arbeitsanalyse
  • Methoden der Lernfeldkonstruktion
  • Methoden der Strukturierung von Curricula
  • Methoden der Gestaltung von handlungsorientierten Lehr-/Lern-Situationen
  • Kritik und Probleme kompetenz- und arbeitsprozessorientierter Curricula

Methodisches Vorgehen

Es handelt sich um ein Seminar, das – dem Thema entsprechend – theoretisches und praktisches Lernen miteinander zu verbinden sucht. Theoretisches Lernen basiert auf der Rezeption und Diskussion von zuvor zugänglich gemachten Texten. Im Seminar können Studierende auch praktisch lernen, wie berufliche Bildung geplant werden kann. Ausgangspunkt ist die (nachgestellte) Analyse beruflicher Arbeit einschließlich der dort vorfindlichen Handlungsanforderungen und Handlungskompetenzen. Kriterien, Methoden und Verfahren der Umsetzung in Bildungsmaßnahmen werden präsentiert und können von den TeilnehmerInnen angewendet werden. Dieses Vorgehen setzt voraus, dass berufliche Handlungssituationen in der Seminarumgebung analysiert werden können und/oder dass Teilnehmende bereit sind, über ihre beruflichen Handlungssituationen Auskunft zu geben.

Zielsetzung

Die Teilnehmenden sind in der Lage, sich mit der Bedeutung von kompetenz- und arbeitsprozessorientierten Curricula für Individuen und Unternehmen fundiert auseinanderzusetzen und dies im Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens zu verorten. Sie erkennen und benennen Grenzen und Möglichkeiten, ausgehend von der Analyse beruflicher Arbeit berufliche Curricula zu entwickeln und zu strukturieren. Sie kennen und beschreiben handlungsorientierten Lernen in beruflichen Lehr-/Lern-Situationen. Sie können alle diese Methoden prototypisch anwenden und auf wissenschaftlicher Basis kritisch reflektieren.

Dozent: Prof. Dr. Martin Fischer

Termin: 14.06. - 15.06.2019

Modul-Nr.: F2019/6

Dieses Seminar ist auch für Gäste offen und als Einzelseminar belegbar!

Gebühr

für Gäste: 920,00 €
für Absolventen des Zertifikatslehrgangs: 500,00 €

Hier geht es zur Anmeldung!